Messingbauteile vor erhöhten Spannungen schützen
In einem Seniorenheim kam es zu einem Leitungswasserschaden. Die Leckage lag an einem S-Anschluss einer Duscharmatur. Nur zehn Tage später trat eine weitere Leckage auf, wieder an einem S-Anschluss. Das IFS wurde mit der Ermittlung der Schadenursache beauftragt. Ein Gutachter untersuchte die beiden betroffenen S-Anschlüsse im Labor: Beide Messingbauteile waren im Bereich eines Gewindekerbs geschädigt – bei einem lag ein vollständiger Abriss vor, bei dem anderen lief der Riss über zwei Drittel des Gewindeumlaufs.
Die rasterelektronenmikroskopische Untersuchung der Bruchflächen zeigte, dass die Risse auf Spannungsrisskorrosion zurückzuführen waren. Auf dem dritten Beitragsbild ist eine der Bruchflächen in fast 3000-facher Vergrößerung zu sehen. Im oberen, linken Bereich sind die typischen Strukturen dieser Korrosionsart zu erkennen. Im unteren, rechten Bereich der Aufnahme sind hingegen die wabenartigen Strukturen zu sehen, die von einem Gewaltbruch erzeugt werden. Dort kam es zum Endabriss. Spannungsrisskorrosion benötigt drei Voraussetzungen: einen Werkstoff, der dafür anfällig ist, ein Korrosionsmedium und überhöhte Zugspannungen. Die ersten beiden Bedingungen sind bei Messingbauteilen in Trinkwasserinstallationen in der Regel erfüllt. Der Werkstoff wird dort trotzdem verwendet, weil Spannungsrisskorrosion nur auftritt, wenn auch die dritte Voraussetzung erfüllt ist. Sie ist bei Schadenuntersuchungen dieser Art die interessante.
Bei der Fertigung und der Montage werden in jedes Bauteil Zugspannungen eingebracht. Problematisch ist, wenn diese Spannungen zu hoch sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Werkstoff bei der Herstellung keiner ausreichenden Entspannungsglühung unterzogen wurde. Die Zugspannungen lassen sich indirekt über die Werkstoffhärte messen. Im hier beschriebenen Fall war das Messing in Ordnung. In den Bauteildimensionen kann eine weitere Ursache für überhöhte Zugspannung liegen – zum Beispiel bei zu geringen Wandstärken. Auch ein solcher Produktmangel lag hier nicht vor. Die Zugspannungen können außerdem bei der Montage eingebracht werden, zum Beispiel durch zu viel Kraftaufwand oder durch die Einbausituation. Bei den S-Anschlüssen aus den hier untersuchten Schäden war das der Fall. Stark ausgeprägte Werkzeugspuren belegten, dass der Handwerker bei der Montage mehr Kraft eingesetzt hatte als vorgesehen. Bei Bauteilen aus Messing führt das wegen ihrer Anfälligkeit für Spannungsrisskorrosion häufig zu Brüchen. Bei einem Ortstermin fand der Gutachter an der Trink- und Abwasserinstallation darüber hinaus diverse andere Montagefehler, die eine nicht fachgerechte Ausführung belegten.